Hundert Zuschauer beeindruckt von den Erinnerungen der ehemaligen Flakhelfer
Die Remise der Keysermühle war überfüllt. Das Publikum gemischt: Junge Leute waren darunter, aber auch Männer um die 90, die teilweise von ihren Erinnerungen überwältigt und aufgewühlt wurden. Die rund 100 Interessierten waren gekommen, um einen eindrucksvollen Film zu sehen: „Anfang aus dem Ende – die Flakhelfergeneration“. In diesem Dokumentarfilm, der 2013 entstand, schildern zehn Südpfälzer ihre Erlebnisse im Dritten Reich: Die heute über 85-jährigen Männer wurden damals – als 15-, 16-jährige Buben – von der Schulbank weg an die Flugabwehrkanonen kommandiert, mitten ins brutale Kriegsgeschehen. Einer von ihnen, Hermann Frech aus Göcklingen, war nach Klingenmünster gekommen, um den Film zu präsentieren und von seinen eigenen Erinnerungen zu erzählen.
Eingeladen zu der ungewöhnlichen Filmvorführung hatte der Arbeitskreis Altes Klingenmünster, eine Gruppe der Initiative Zukunft Minschder. Den Freizeithistorikern geht es darum, Erinnerungen zu bewahren, solange sie noch greifbar sind. Der Flakhelferfilm ist ein hervorragendes Beispiel für solche „erzählte Geschichte“.
In dem Film der Regisseurin Aleida Assmann mischen sich die Aussagen der betagten Zeitzeugen – allesamt ehemalige Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums mit historischen Fotos aus privaten Alben und Archiven, Bilder von den Schlachtfeldern und den zerstörten Städten. Aus vielen Einzelschicksalen entsteht das Bild einer Generation. Berichtet wird vom angstvollen Einsatz an den Flakgeschützen, von der brutalen Schinderei im Reichsarbeitsdienst, von Kriegsende, Flucht und Gefangenschaft. Die Rückkehr in die zivile Gesellschaft und die neue „fremde“ Demokratie sind weitere Themen. Viele der früheren Flakhelfer haben jahrzehntelang geschwiegen. „Ich konnte einfach nicht darüber reden“, sagt Hermann Frech. Doch als er nach einem denkwürdigen Klassentreffen begann, sich mit diesem Tabu seiner Lebensgeschichte auseinanderzusetzen, schrieb er seine Erinnerungen innerhalb von zwölf Stunden ohne Pause nieder und es war „wie eine Befreiung“.
Während der Filmvorführung war es mucksmäuschenstill in der Remise. Es war spürbar, wie sehr das Publikum von dieser besonderen Reise in eine finstere Vergangenheit beeindruckt war. Das brachten in einer anschließenden kleinen Diskussionsrunde auch viele Teilnehmer zum Ausdruck. Mit Beifall bedacht wurde eine Wortmeldung von „Gilles aus dem Elsass“, der eigens für diese Veranstaltung nach Klingenmünster gekommen war. Er berichtete vom Schicksal seines Vaters, der unter deutscher Gewaltherrschaft ähnlich leiden musste. „Wir müssen immer wieder darum kämpfen, dass wir über die Grenzen hinweg einander verstehen und den Frieden bewahren“, sagte der Elsässer.
Auch Hermann Frech mahnte eindringlich, aus der Vergangenheit zu lernen: „Wir leben in einer unglaublich freien guten Zeit. Wir brauchen keine Angst zu haben, erschossen zu werden, Aber wenn wir nicht aufpassen, bekommen wir nochmal den gleichen Schlamassel.“ Das Publikum dankte dem 86-Jährigen, der sichtlich bewegt war, mit langem Applaus.
Die nächste Veranstaltung des Arbeitskreises Altes Klingenmünster am 26. März um 18.30 Uhr in der Keysermühle befasst sich anhand von Zeitzeugenberichten mit dem Einmarsch der Amerikaner in der Gemeinde.
Rita Reich